Mit der Statuette des sitzenden Johannes, der am Gewand aus Kamelfell mit Ledergürtel und der Muschel kenntlich wird, erweist sich Leonhard Kern als hochmoderner Künstler. Die realistische Wiedergabe eines Aktes, dem ein intensives Studium nach dem lebenden Modell zugrunde liegt, war erst wenige Jahre vorher auf den Akademien in Rom und Bologna aufgekommen. Kern, der sich ab 1604 vier Jahre in Italien aufgehalten hatte, setzte diese Sichtweise in seiner Skulptur bereits um. Motivisch geht die Statuette auf ein Gemälde des Manieristen Angelo Bronzino (1503-1572) zurück. Dieses Vorbild verarbeitete Kern souverän: Er macht aus dem sich geziert bewegenden Schönling Bronzinos einen selbstbewusst auftretenden jungen Prediger, der sein Gegenüber eindringlich anzureden scheint. Auch in der Heiligenauffassung geht Kerns Figur auf zeitgenössische italienische Vorbilder zurück, denn der Typus des agilen, gerade dem Jungenalter entwachsenen Täufers erinnert stark an entsprechende Darstellungen von Annibale Carracci (1560-1609) und Caravaggio (1573-1610).
Erworben mit Lotto-Mitteln
[Fritz Fischer]